Dating Trendbericht: Daten für Dates: Kann Big Data das Matching verbessern und für bessere Beziehungen sorgen?

<< Auszug aus Kapitel 5 "CEO OF LOVE - Dating Trendbericht 2015 >>

Ein Nebeneffekt der erhöhten Mobilität, Konnektivität und Interaktivität Im Bereich des Online/Mobile Datings ist die dauerhafte Produktion von Daten durch Nutzer. Das Datenvorkommen ist in den letzten Jahren drastisch angestiegen. Das exponentielle Wachstum, die leichte Verfügbarkeit und schnelle Analyse von Daten wird unter dem Schlagwort Big Data heiß diskutiert.

Diese Entwicklung wirkt sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, wie Regierung, Forschung und Wirtschaft, aus: Zum einen steht der Begriff für riesige Datenmengen, die unter anderem durch die Speicherung von Online-Nutzer-Daten entstehen. Zum anderen beschreibt der Begriff aber auch die Verarbeitung, Auswertung und Analyse dieser Daten.

Quelle: IDC, BI Intelligence Estimates

Die zunehmende Menge von Daten und erweiterte Analysefunktionen, die die Verarbeitung solch großer Datenmengen in Echtzeit erlauben, ermöglichen es, verschiedene Informationsquellen zu kombinieren und wertvolle Erkenntnisse zu extrahieren. Modernste Datenanalyse kann in vielen Bereichen eingesetzt werden. Unsere Interviewreihe CEO of LOVE zeigt das Potenzial von Big Data für die Dating-Branche.

Heinz Laumann erläutert, was bei C-date bereits mit Daten gemacht werden kann:

„Natürlich sind wir eine sehr datengetriebene Firma. Wir betrachten alle Aspekte des Nutzerverhaltens, insbesondere Indikatoren ihrer Aktivität. Mit einem Bewertungssystem identifizieren wir unsere aktivsten Mitglieder und vermitteln sie dann, wodurch wir die Qualität der Interaktionen für unsere engagiertesten Kunden erheblich erhöhen. Das ist nur ein Beispiel, aber Data Mining zur Produktverbesserung gehört für uns zur täglichen Arbeit.“

Dennoch stellt er sich nur ungern eine weiterreichende Verwendung von Nutzerdaten vor, denn:

“Ich glaube nicht an den gläsernen User. Ich denke nicht, dass das jemand will. Es ist nicht nötig, tiefer in die Daten einzudringen, um jemandem den perfekten Partner zu präsentieren. Letztendlich haben wir bereits exzellente Matchingsysteme und der Computer kann nicht alles tun. Der letzte Schritt auf der Suche nach dem perfekten Partner wird immer von menschlicher Interaktion abhängen."

Natürlich wurden neue Features eingebaut, die das Matching besser machen. Menschen wollen aber von Datingseiten nicht bis ins letzte Detail durchleuchtet werden. Dating Websites existieren teils auch, um Anonymität zu gewähren.”

Dr. Jost Schwaner, Geschäftsführer von ElitePartner, stimmt zu:

„Wir sprechen hier über Liebe, Beziehung, Partnerschaft. Es ist schon sehr viel verlangt, zu glauben, dass unser algorithmisches Matching funktioniert. Was es natürlich tut. Aber ich glaube auch, dass damit die Grenzen des Machbaren erreicht sind, Liebe in mathematische Formeln zu pressen. Bei uns kann sich jeder Kunde sicher sein, dass seine Daten gehütet werden wie in Fort Knox.

Carsten Böltz, be2, ist ebenso darauf bedacht, dass Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre eine Priorität sind und bleiben. Er glaubt aber an das Potential von Big Data, um Partnerempfehlungen zu optimieren:

„Wir nutzen die meisten Daten, um den Vermittlungs-Algorithmus und die Nutzererfahrung zu verbessern. Wir beobachten alle Produktänderungen, von Clicks und Views, bis hin zur Anzahl erfolgreicher Interaktionen zwischen Usern. Wir glauben fest daran, dass unsere Algorithmen unseren Mitgliedern helfen, den richtigen Partner zu finden, daher investieren wir viel Zeit, beobachten und verbessern ständig. Das Produkt wird über die Jahre immer präzisere Voraussagen treffen können, in jeder Phase der Partnersuche, aber insbesondere bei den Partnerempfehlungen.“

Sigurd Vedal, CEO und Gründer von Victoria Milan, ist ebenso fasziniert von den Möglichkeiten der datengetriebenen Empfehlungen:

„Ich würde sagen, dass wir in drei bis fünf Jahren Menschen präziser matchen können, damit sie nicht einmal mehr nach dem passenden Partner suchen müssen. [...]

Aktuelle Mechanismen sind noch nicht so hochentwickelt, da die menschliche Natur und der persönliche Umgang mit Gefühlen zu den kompliziertesten und subjektivsten Entscheidungs-Netzwerken im Universum gehören. Daher muss man viele Daten und einzigartige Entscheidungsstränge analysieren, um das zu ermöglichen. Wer es zuerst schafft, wird die Dating Branche dominieren. Ist es möglich? Wir arbeiten daran.“

Weiß „Big Data“ mehr darüber, was die Menschen wollen, als sie selbst?

Dating-Websites verlassen sich zu einem gewissen Grad darauf, was die Nutzer ihnen sagen – wer sie sind, was sie suchen und zu welchem Typ sie sich hingezogen fühlen. Allerdings ist diese Logik fehlerhaft, insofern die Menschen nicht immer wissen, was sie wirklich wollen oder sich anders verhalten als sie es in ihrem Profil angeben. Eine detaillierte Analyse des tatsächlichen Nutzerverhaltens könnte nützlicher sein.

Dr. Kang Zhao von der University of Iowa glaubt, dass Dating-Seiten viel von Netflix oder Amazon lernen können, wenn es um Empfehlungen geht. Diese Dienste müssen ihre Kunden nicht darum bitten, lange Fragebögen auszufüllen, sondern lernen vom früheren Verhalten, um darauf basierend zukünftiges Verhalten vorherzusagen. Sein Team hat vor kurzem eine Studie veröffentlicht, sowie einen Algorithmus, der das gleiche Konzept auf Dating anwendet.

In dieser Studie geht Zhao einen Schritt weiter und versucht, das Problem der Reziprozität zu lösen. Natürlich ist es nicht genug, jemanden zu mögen – das Gefühl muss auf Beiderseitigkeit beruhen. Zhaos System zieht zwei Faktoren in Betracht. Zum einen wird der Kommunikationsverlauf analysiert und zum anderen der Anziehungsfaktor. Das Ergebnis ist eine Liste von Kontaktvorschlägen, die wahrscheinlich positiv auf diese bestimmte Person reagieren. Zhao ist überzeugt:

„Diese Kombinationen von Geschmack und Attraktivität kann eine erfolgreiche Kommunikation besser vorhersagen als das, was Kunden in ihr Profil angeben, weil das, was sie dort schreiben nicht immer das ist, was sie wirklich interessiert. Sie führen absichtlich in die Irre, oder kennen sich nicht gut genug, um ihren eigenen Geschmack einschätzen zu können.“

Zoosk ist eine der ersten Dating-Seiten, die sich bereits hauptsächlich auf das Nutzerverhalten konzentriert, um das Matching zu verbessern. Shayan Zadeh erklärt:

„Zoosk lernt mit jedem Klick, um Sie mit Singles zusammen zu bringen, mit denen die Wahrscheinlichkeit einer gegenseitigen Anziehung besteht. Die einzigartige Behavioral Matchmaking Technologie von Zoosk lernt ständig von den Handlungen über 27 Millionen sichtbarerer Mitglieder weltweit, um bessere Matches in Echtzeit zu liefern. Klicks der Mitglieder, einschließlich gesendeter und beantworteter Nachrichten, bestimmen, welchen Mitgliedern, welche anderen Singles zuerst vorgestellt werden, weil sie sich gegenseitig attraktiv finden könnten.“

Können Daten Dating-Nachrichten verbessern?

Sobald es online funkt, ist der nächste Schritt zur Beziehung eine erfolgreiche Kommunikation. Daten können auch dazu beitragen, Dating Nachrichten zu verbessern. Die App PVLL analysiert alle Textnachrichten, die über ein Smartphone gesendet werden. Die App zeigt dann sowohl das Benutzer-Verhalten als auch das des Gesprächspartners (z.B. Wer hat wie häufig zuerst geschrieben, wann hat der Gesprächspartner auf die Nachricht reagiert usw.). Die App hilft, die Nachrichtenlänge zu optimieren, zur rechten Zeit zu antworten und die Benutzung von Smileys in den Griff zu kriegen.

Quelle: PVLL App, Screenshot Google Play Store

Die Zukunft von Big Data beim Dating

Die Verwendung von Daten in der Dating-Branche ist nicht völlig neu. Viele Dating-Seiten setzen schon seit längerer Zeit auf die Analyse von Nutzerdaten. In der Hoffnung, dass es bei der Partnersuche helfen kann, sind Singles eher bereit, Daten zu teilen. Was sich geändert hat, ist die Menge der Daten, die durch neue Technologien wie mobile Geräte und Social-Media-Dienste erhoben werden. Carsten Böltz (be2), fasst zusammen: "Generell gilt: je mehr Daten uns der Kunde liefert, desto besser stehen unsere Chancen, die richtigen Menschen zusammen zu bringen."

Datenschutz ist jedoch ein entscheidender Faktor in dieser Diskussion. Benutzer sollten immer in der Lage sein, selbst zu entscheiden, was sie teilen wollen. Transparenz ist hierbei oberstes Gebot, sonst werden sich Viele weigern. Bei aller Euphorie darf man die Risiken der neuen Technologien nicht außer Acht lassen. Die extreme Datensammelwut von Unternehmen und Regierungen kann in Verbindung mit tragbaren Geräten einen neuen Schub erfahren. Hier müssen die Verbraucher geschützt werden, damit die Freiheit der Bürger nicht eingeschränkt wird.

>> Die Zusammenfassung des kompletten Trendberichts lesen Sie hier >>
 

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