Dating Trendbericht: Inmitten der Hookup-Kultur bleibt die Liebe das höchste Ziel

<< Auszug aus Kapitel 1 "CEO OF LOVE - Dating Trendbericht 2015 >>

"Väter, sperrt eure Töchter weg – sie laden sich Dating Apps aufs Handy und nutzen sie, um sich zum Sex zu verabreden" – so in etwa ist der Tenor der aktuellen gesellschaftlichen Debatte über Onlinedating.13 Hookups könnte man übersetzen mit Aufriss, Techtelmechtel oder Stelldichein, aber weil das alles so altbacken klingt, bleiben wir beim Anglizismus. In einem Spiegel-Artikel wird das Phänomen so beschrieben:

[…] eine neue kalte Sexualkultur […] die Verabredung zu unverbindlichem, alkoholisiertem Sex, die [...] das klassische Dating abgelöst hat. Demnach treffen sich junge Männer und Frauen ab Donnerstagabend in Bars, trinken möglichst schnell möglichst viel, tauschen auf ihren Handys YouPorn-Clips aus und finden sich dann zusammen zu einem Sexualakt, der einem YouPorn-Clip möglichst nahe kommt. Danach bleibt von so einem Zusammenprall meist nicht einmal der Vorname haften.

Spätestens seit Anfang 2014 nutzen gerade amerikanische Singles kostenlose Dating-Apps, um sich zu solchen Hookups zu verabreden. Kritiker zeigen sich entrüstet und sorgen sich, dass jungen Erwachsenen das klassische Dating verlernen und sich nicht mehr verlieben oder binden können. „Das Internet, so geht der Verdacht, beschleunigt nur die serielle Monogamie und beschädigt die Liebe, die doch irgendwie eine Himmelsmacht bleiben sollte.“

Bei genauerer Betrachtung steckt aber hinter den zeitgeistigen Moralvorstellungen und der neuen Technologie immer noch die gleiche, altmodische Sehnsucht: sich zu verlieben! Während Kritiker noch damit beschäftigt sind, sich zu echauffieren, dass junge Singles durch Onlinedating in einem endlosen Teufelskreis aus unverbindlichen Sex-Dates gefangen sind, gehen sie in Wirklichkeit einfach einen anderen Weg zur Liebe, Beziehungen und am Ende auch zu einer festen Bindung.

Die Teilnehmer unserer CEO of LOVE-Interviewreihe ziehen ein überraschend einstimmiges Fazit. Trotz der Popularität der (Casual) Dating-Apps und einer zunehmend offenen Haltung zu rein sexuellen Beziehungen, ist eine Mehrheit der Singles immer noch auf der Suche nach Liebe.

Singles verabreden sich ungezwungen, hoffen aber auf die Liebe

Tobias Börner (LOVOO) räumt ein, dass es auf den ersten Blick so aussieht als sei die Hookup-Kultur auch in Deutschland angekommen:

 „Das Verabreden ist heutzutage äußerst flexibel. Man hat die Möglichkeit zu jeder Tageszeit und an jedem Ort neue Leute kennenzulernen. Dates kommen oft spontan und ungezwungen zustande und die Auswahl an potenziellen Partnern ist riesig. Das Potenzial schöpft man gerne aus. Dies vermittelt den Eindruck, dass Partner häufig wechseln. Womöglich stimmt das auch, aber der Wunsch ist ein anderer. Aus Sicht von LOVOO können wir sagen, dass die überwiegende Mehrheit unserer User eine dauerhafte Beziehung anstrebt, bei der Treue die höchste Priorität einnimmt."

Eine Studie der American Psychological Association bestätigt, dass gelockerte Moralvorstellungen nicht zwingend eine grundsätzliche Ablehnung fester Bindungen mit sich bringen. Obwohl die Mehrheit der Teilnehmer in verschiedenen Studien angaben, Sex ohne Verpflichtungen gehabt zu haben, berichtete nur eine Minderheit über Gefühle des Bedauerns. Ein Drittel der männlichen und mehr als die Hälfte der weiblichen Teilnehmer hoffen dagegen, dass sich aus einem Hookup eine romantische Beziehung entwickeln könnte.

Auch bei Tinder, der ultimativen Hookup-App, beweist sich diese Theorie. Trotz der Tatsache, dass 55% aller Frauen und 83% der Männer in einer aktuellen Umfrage angaben, dass sie auf Tinder Sex suchen, gaben rund die Hälfte der (männlichen wie weiblichen) Befragten ebenfalls an, Liebe, Verabredungen und eine ernsthafte Beziehung zu suchen. Tatsächlich war Sex die einzige Option, die Männer deutlich häufiger wählten als Frauen, während Freundschaft die einzige Option war, die bei weiblichen Teilnehmern wesentlich beliebter war. Die offensichtliche Schlussfolgerung: Singles sind nicht auf der Suche nach Sex ODER Liebe auf Tinder, sie wollen beides – und eins schließt das andere nicht aus.

Quelle: onlinedating-experten.de Tinder Studie 2014

Zusätzliche Unterstützung dieser Theorie kommt von Heinz Laumann, CEO der Casual Dating Website C-date, die sich ausdrücklich der Suche nach unkompliziertem Sex ohne Verpflichtung widmet. Obwohl gerade dieser Dienst Beweis für den durchdringenden Erfolg der Hookup-Kultur auch in Deutschland ist, räumt Laumann ein, dass die meisten Menschen sie nur in einer bestimmten Lebensphase ausleben:

„Es wird auch viel später geheiratet und Viele leben 10 oder 15 Jahre als Singles, bevor sie sich trauen. Das bedeutet nicht, dass sie kein Sexleben haben, sondern dass sie mehr Beziehungen haben und mehr sexuelle Kontakte suchen.”

Shayan Zadeh, (Zoosk), weist darauf hin, dass Onlinedating auch Menschen helfen kann, ihre Aufmerksamkeit zu fokussieren:

„Onlinedating gibt Leuten viele verschiedene Optionen. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass sie schneller von einer Beziehung zur anderen wechseln, als sie es ohne Onlinedating getan haben. Wenn ein Onlinedating Service wirklich funktioniert, dann bietet er bessere Matches, damit Menschen eine größere Chance haben, längere Beziehungen zu führen.“

Ernsthafte Partnervermittlungs-Seiten, die sich ausschließlich der Suche nach einer festen Beziehung verschrieben haben, sehen keine Anzeichen, dass dieser Hookup-Trend ihr Geschäftsmodell bedroht. Carsten Böltz, (be2), betrachtet den Trend einfach als eine neue Ablenkung für die, die für die große Liebe noch nicht bereit sind:

„Ich glaube nicht wirklich, dass Onlinedating Beziehungsmuster verändert hat. Es gab schon immer andere Optionen und man musste der Versuchung widerstehen, wenn man eine langfristige Beziehung aufrecht halten wollte. [...] Seriöse Partnervermittlung, die früher die einzige Option war, ist heute nur eines von vielen Marktsegmenten, aber sicherlich eins, das für viele Menschen wichtig ist und bleiben wird.“5

Die Zukunft der ernsthaften Beziehungen und Dates

Sex-Dates ohne Verpflichtung sind also beliebt, vor allem in jüngeren Altersgruppen. Allerdings schadet diese Entwicklung den seriösen Partnervermittlungen nicht. Wahrscheinlich finden zukünftige Generationen den Einstieg ins Onlinedating eher durch oberflächliche Apps, wo sie mit wechselnden Partnern ihren Spaß haben, bis sie bereit sind, ab einem gewissen Alter auf Webseiten für dauerhafte Beziehungen zu wechseln.

Justin Garcia, ein Sexualforscher des Kinsey Institute, bringt es auf den Punkt: "Wenn Menschen etwas älter werden, sehen wir eher traditionelle Dating-Praktiken in allen Altersgruppen. Das wird sich nie ändern – Streben nach Sex und Liebe sind der Kern des Menschseins."

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